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Gedenkstein im „Himbeerwald“ auf dem Rothenkopf

Die Rundschau St. Ingbert

Sonntag, 16. Juli 1944. Ein warmer und sonniger Tag. Am Morgen hatte es in St. Ingbert Luftalarm gegeben, aber kurze Zeit später gab es Entwarnung und alle Menschen waren aus den Bunkern gekommen und gingen ihren täglichen Verrichtungen nach. Eine Gruppe von St. Ingbertern, Männer, Frauen und Kinder, war auf den Schafkopf, Betzentaler Kopf und Rothenkopf gegangen, um dort Himbeeren zu sammeln. Ein Brummen am Himmel deutete darauf hin, dass die amerikanischen Flugzeuge auf dem Rückweg waren – kein Grund zur Sorge. Doch plötzlich schwoll der Motorenlärm zu einem lauten Getöse an und es fielen 500 bis 600 Fünfzentner-Bomben aus den Flugzeugen. Die Flieger hatten noch etwa drei Tonnen Bomben an Bord, die sie mit einem Schlag und auf engstem Raum abwarfen.
An diesem Tag wurden 35 Wohnungen im Winnweg, der Wiesenstraße, dem Hahnacker und einem Abschnitt der Blieskasteler Straße zerstört. Insgesamt bezahlten 13 Personen den Angriff mit ihrem Leben.

Samstag, 16. Juli 2022. Auf der Suche nach der Position eines alten Grenzsteins an der Banngrenze Hassel / Reichenbrunn / St. Ingbert waren die drei Heimatvereine aus St. Ingbert, Oberwürzbach und Hassel auf die Kraterlöcher der Bombeneinschläge am Rothenkopf gestoßen. Der Grenzstein konnte aufgrund seiner vermessenen Position nicht mehr rekonstruiert und neu gesetzt werden. Stattdessen setzen die Geschichtshüter den Menschen, die in St. Ingbert 78 Jahre zuvor ihr Leben ließen, einen Gedenkstein. „Der Bombenhagel war nicht angekündigt und traf die St. Ingberter damit noch schlimmer als die geplanten Angriffe, vor denen sie sich schützen konnten. Ein tragisches Ereignis, das nicht vergessen werden darf“, erklärt Konrad Weisgerber, Vorsitzender des Heimat- und Verkehrsvereins St. Ingbert. Auch Ortsvorsteherin Irene Kaiser ist, wie alle anderen Teilnehmer, anlässlich der Enthüllung des Gedenksteins noch betroffen: „Krieg ist immer schrecklich, aber die Gräuel rücken in unser aller Bewusstsein so schnell in den Hintergrund. Hier bekommen die Menschen ein Gesicht und Krieg wird greifbar. Einen herzlichen Dank an die Mitglieder der Heimatvereine Hassel, Oberwürzbach und St. Ingbert für ihr Engagement!“

Die 13 St. Ingberter Opfer wurden vier Tage nach dem Bombenhagel auf dem Alten Friedhof in St. Ingbert beigesetzt. Ihre Kreuze sind noch heute auf dem Ehrenfeld zu finden. Nun gedenken wir ihrer auch hoch über den Dächern von St. Ingbert auf dem Rothenkopf. Es starben: Emilie Schwarz (30) und ihre beiden Kinder Willi (7) und Otto (vier Monate), Mathilde Lichtenfels (30) und ihr Sohn Peter (12), Adolf Nickäs (48), Fritz (31) und Ruth Kohl (26), Wilhelm Noll (62) und sein Sohn Matthias (10), Wilhelm Bayer (66), Cäcilia Kaufmann (29) und Jakob Kaufmann (7).

Der Gedenkstein auf dem Rothenkopf sowie die noch vorhandenen Grenzsteine in diesem Wald sind über die Parkplätze am Betzental oder an der Autobahnauffahrt in der St. Ingberter Straße zugänglich.

Foto: Giusi Faragone

Frederik Hartmann

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