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50 000 Euro Preisgeld an herausragende junge Wissenschaftler

Die Rundschau St. Ingbert

Die Hans-und-Ruth-Giessen-Stiftung verlieh am 05.07.2022 ihre hochdotierten Förderpreise 2022 an vier besonders begabte junge Menschen aus den Bereichen Naturwissenschaften, Medizin und Klassische Musik. Die Schirmherrschaft der diesjährigen Preisverleihung hat Jakob von Weizsäcker, Minister der Finanzen und für Wissenschaft des Saarlandes übernommen. Er hatte seine Teilnahme zugesagt.

Die Förderpreise 2022 gehen an Frau Fabia Weiland und Herrn Dr.-Ing. Michael Kohlstedt (Naturwissenschaften | 20.000 €), Herrn Dr. Fabian Kern (Medizin | 20.000 €) und Xuanhan Xu (Klassische Musik | 10.000 €).

Die Preisträger*innen 2018 bis 2021 – Beate M. Schmitt, Jonas Stark, Dr. Ina Meiser, Lisa Saterdag, vom Odeon Trio Johanna Hempen, Oliver Léonard und Alexander Baier und Dr. Caroline Diener werden bei der diesjährigen Preisverleihung anwesend sein und von ihren durch die erhaltenen Förderpreise ermöglichten Aktivitäten berichten. Dr. Charlotte Dahlem und Frau Dr. Chantal D. Bader sind zurzeit für Forschungszwecke in Amerika und werden live zugeschaltet. Neben der Preisträgerin Xuanhan Xu werden Jonas Stark und das Odeon Trio für die musikalischen Highlights des Abends sorgen.

Die Preisträger 2022

M.Sc. Fabia Weiland + Dr.-Ing. Michael Kohlstedt |
Förderpreis Naturwissenschaften

Foto: © Hans-und-Ruth-Giessen-Stiftung

Fabia Weiland, geb. 1997 in Saarlouis, studierte Human- und Molekularbiologie (B.Sc.) und schloss ihr Studium Biotechnologie (M.Sc.) an der Universität des Saarlandes mit Bestnote ab. Seit 2021 forscht sie als Stipendiatin der HaVo-Stiftung als Doktorandin am Institut für Systembiotechnologie (Universität des Saarlandes) an der molekularen Optimierung von Bakterien zur Nutzung von Lignin, einem industriellen Abfallprodukt.

In ihrer Doktorarbeit befasst sich Frau Weiland mit dem Design von Bakterien zu umweltfreundlichen Zellfabriken, deren Metabolismus unter dem Einsatz moderner Methoden der synthetischen Biologie auf eine effiziente Verwertung von Lignin-basierten Aromaten zugeschnitten wird. Neben einer verbesserten, breit aufgestellten Substratnutzung, und erhöhten Robustheit, liegt ihr Fokus auf der Etablierung neuer synthetischer Routen zu ausgewählten Zielprodukten.

Dr.-Ing. Michael Kohlstedt, geb. 1984 im thüringischen Eichsfeld, studierte Bioingenieurwesen an den Technischen Universitäten Braunschweig und Compiègne und schloss sein Studium 2009 mit einem deutsch-französischen Doppeldiplom ab. Im Anschluss schrieb er am Institut für Bioverfahrenstechnik (TU Braunschweig) und später am Institut für Systembiotechnologie (Universität des Saarlandes) seine 2014 mit summa cum laude bewertete Doktorarbeit zur systembiologischen Beschreibung diverser Stressfaktoren in Mikroorganismen.

In den vergangenen Jahren widmete sich Herr Kohlstedt der Erforschung von Lignin und dessen Nutzung als vielversprechender Ausgangsstoff in einer zukünftig auf nachwachsenden Rohstoffen basierenden Kreislaufwirtschaft. So konnte in seinen Arbeiten erstmalig die Wertschöpfungskette ausgehend von Lignin hin zu biobasiertem Nylon gezeigt werden. Seine Spezialität sind hierbei systembiologische Verfahren, die es ihm ermöglichen, experimentell und computergestützt in das Innenleben von Mikroorganismen zu schauen, sowie die Entwicklung von geeigneten Bioprozessen für die spätere Produktion.

Den ihnen verliehenen Förderpreis wollen Frau Weiland und Herr Kohlstedt nutzen, um durch die Kombination von synthetischer Biologie, Systembiotechnologie und Bioverfahrenstechnik, einen Beitrag zur Produktion von nachhaltigen Wertprodukten aus Lignin zu leisten. Das Herzstück ihrer gemeinsamen Arbeit ist die Entwicklung von maßgeschneiderten Bakterien zur effizienten Lignin-Verwertung und deren Einsatz im Fermenter.

Dr. Fabian M. Kern | Förderpreis Medizin

Foto: © Hans-und-Ruth-Giessen-Stiftung

Dr. Fabian M. Kern, geb. 1993 in Speyer, studierte Bioinformatik mit methodischem Schwerpunkt (Informatik) an der Universität des Saarlandes und schloss sein Masterstudium 2018 mit Auszeichnung ab. In direktem Anschluss hat er seine Doktorarbeit am Lehrstuhl für Klinische Bioinformatik, geleitet durch Univ.-Prof. Dr. Andreas Keller, begonnen. Im Dezember 2021 wurde er an der Medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes mit der Gesamtnote summa cum laude zum Dr. rer. nat. promoviert. In seiner Zeit als Doktorand hat er mehr als 30 Fachartikel (mit-)veröffentlicht und zuletzt seine Dissertation mit dem Thema „Algorithmen und Anwendungen nicht-kodierender RNAs in der Altersforschung“ abgefasst. Diese beschreibt neue bioinformatische Ansätze um komplexe Phänomene wie unseren alltäglichen Alterungsprozess molekular und mit bekannten Prinzipien der menschlichen Genregulation aufzuschlüsseln. Darüber hinaus hat er nach neuen, nicht-invasiven Biomarkern für altersbedingte Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer anhand groß angelegter Hochdurchsatz-Sequenzierungsstudien und fortschrittlicher Algorithmik gesucht, und deren Potential bewertet.

Herr Dr. Kern hat seit kurzem eine Position als Nachwuchsgruppenleiter am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS), verortet am Campus der Universität des Saarlandes in Saarbrücken, inne. In diesem Rahmen möchte er die Alters- mit der Infektionsforschung in einem einheitlichen Konzept verbinden und neue bioinformatische Wege als eigenständiger Wissenschaftler gehen. Ein Anlass ist die in den letzten Jahrzehnten gestiegene Inzidenz an chronischen (Alters-)Krankheiten, wovon ein Teil auch auf bakterielle sowie virale Erreger zurückzuführen sind. So lassen sich auch neu entstandene Krankheitsbilder wie etwa Post-/Long-COVID, welches oftmals neurologische Symptome umfasst, die denen neurodegenerativer Krankheiten erstaunlich ähnlich sind, besser verstehen. Deshalb möchte er auf die bestehende und breite Expertise zu Bakterienstämmen und Wirkstoffentwicklung am HIPS zurückgreifen, um die nächste Generation von Antiinfektiva anhand datengetriebener Methodik zu entwickeln. Herr Dr. Kern plant dazu die Genexpressionsmuster von pathogenen Bakterien sowie infizierter menschlicher und tierischer Gewebeproben, speziell an physiologischen Barrieren wie etwa der Blut-Hirn-Schranke, mit räumlich und zeitlich aufgelöster Sequenzierung zu kartografieren. Daraufhin sollen die in den Wirtszellen ausgelösten Kaskaden der RNA-Synthese mithilfe von maschinellem Lernen mit Signaturen der zellulären Alterung verglichen werden. Zum Einsatz soll hier die recht neue aber bereits etablierte Technik der Einzelzell-sequenzierung kommen, bei der tausendfach parallel eine hochauflösende Beschreibung der Genexpression jeder Zelle in einer Probe gewonnen wird.

Für dieses Vorhaben ist eine ausgeprägte nationale und internationale Vernetzung notwendig, die Herr Dr. Kern mit der Zuwendung durch den Förderpreis weiter ausbauen möchte, um letztlich auch junge Talente für sein Team zu gewinnen. Gemeinsam sollen so neue biomedizinische „Targets“, d. h. Ausgangspunkte für wirksame synthetische Pathogenhemmer oder Nanoantibiotika identifiziert werden.

Xuanhan Xu | Förderpreis Klassische Musik

Foto: © Hans-und-Ruth-Giessen-Stiftung

Xuanhan Xu, geboren 2004, wuchs in China auf und zog im Alter von 13 Jahren nach Deutschland, wo sie fortan in Saarbrücken das Gymnasium „Marienschule“ besuchte und als Jungstudentin in die Klasse von Professor Gustav Rivinius an der Hochschule für Musik Saar aufgenommen wurde. Dort – nach wie vor bei Professor Gustav Rivinius – absolviert sie derzeit ihren Bachelor-Studiengang.

Ihre musikalische Reise begann Xuanhan Xu im Alter von fünf Jahren am Klavier. Im Alter von acht Jahren kam das Cello hinzu. Bereits im Alter von neun Jahren gewann sie die David Popper International Cello Competition in Várpalotán in Ungarn. In den beiden Jahren danach spielte sie bereits als Solistin mit großen Orchestern in China. 2017, im Alter von 13 Jahren, spielte Xuanhan Xu das Cellokonzert von Eduard Lalo mit dem NCPA (National Center for the Performing Arts) Orchestra unter der Leitung von Mo Zheng Xiao Ying in Peking. Zwei Jahre später war sie die jüngste Cellistin, die jemals im NCPA als Solistin aufgetreten war. Im Oktober 2020 wurde sie mit dem ersten Preis beim Pablo Casals lnternational Award for Young Cellists ausgezeichnet.

Auch in Deutschland ist sie bereits bei zahlreichen hochrangigen Musikfestivals, u. a. dem Seefestival Radolfzell, aufgetreten. Kürzlich wurde sie eingeladen, bei Konzerten mit dem NCPA Orchestra, dem Macao Orchestra, dem Shanghai Philharmonic Orchestra, dem National Ballet of China Symphony Orchestra und dem Zhejiang Symphony Orchestra mitzuwirken.

Die Hans-und-Ruth-Giessen-Stiftung

Die gemeinnützige Hans-und-Ruth-Giessen-Stiftung wurde anlässlich des 90. Geburtstages von Hans Giessen († 03.05.2017) am 26. Februar 2017 gegründet, um besonders begabte junge Menschen in den Bereichen Naturwissenschaften, Medizin und klassische Musik zu fördern. Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt im Saarland, mit dem sich Hans Giessen sehr verbunden fühlte: „Hier habe ich meinen beruflichen Erfolg begründet und deshalb sollten junge Menschen aus dieser Region davon profitieren.“

Die Förderentscheidungen werden vom Kuratorium der Stiftung (Prof. Thomas Duis, Ehemaliger Rektor der Hochschule für Musik Saar | Dr. Hanspeter Georgi, Minister für Wirtschaft und Arbeit a. D. | Prof. Dr. Volker Linneweber, Präsident der Universität des Saarlandes a. D. | Prof. Dr. Judith Harrer-Haag, apl. Professorin RWTH Aachen) vorbereitet und vom Vorstand des Trägers der Stiftung (Franz J. Abel, Mathias Beers, Wilhelm Burgemeister) getroffen. Dabei nutzen Kuratorium und Vorstand des Trägers die Expertise von Fachleuten aus den genannten Bereichen und Institutionen. Die Vorschläge werden über die Institutionen an das Kuratorium herangetragen. Die Stiftung möchte aufwändigere Vorhaben unterstützen, etwa einen Auslandsaufenthalt, die Erarbeitung eines Projektantrags oder ergänzende Maßnahmen im Rahmen eines Forschungsvorhabens. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt steht eine Förderung besonders begabter Studierender und von Vorhaben in der Promotions- oder PostDoc-Phase an den Saarländischen Hochschulen im Vordergrund.

Hans Giessen war 1979 Gründungsmitglied des Rotary Clubs St. Ingbert. Seither war er Aktives Mitglied dieses Clubs und gemeinsam mit seiner im Jahre 2011 verstorbenen Ehefrau Ruth in diesem Club tief verwurzelt.

Über fast vier Jahrzehnte hat Hans Giessen somit die engagierte Arbeit des Rotary Clubs St. Ingbert in seinen vielfältigen einem Serviceclub obliegenden Bereichen miterlebt und mitgestaltet. In dieser Zeit sind viele intensive persönliche Freundschaften zu seinen rotarischen Freunden in
St. Ingbert entstanden. Es lag für ihn somit nahe, seine über Jahre gewachsene Stiftungsidee den St. Ingberter Rotariern anzuvertrauen. Dabei hat Hans Giessen als konkreten juristischen Träger der Stiftung den Gemeinnützigen Verein der Freunde Rotary St. Ingbert e.V. bestimmt.

Die Gremien des Trägers führen die Stiftung in vollem Umfang ehrenamtlich. Das Stiftungsvermögen wird somit in keiner Weise mit Personalkosten belastet, sondern steht mit Ausnahme geringer Sachkosten in voller Höhe für den Stiftungszweck zur Verfügung.

Konkreter Ansprechpartner in allen Fragen der Stiftung ist derzeit der
St. Ingberter Rotarier Notar a. D. Wilhelm Burgemeister, der auch bereits
zu Lebzeiten von Hans und Ruth Giessen die Umsetzung deren Stiftungsidee begleitet hat.

Barbara Hartmann

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