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Wandergesellin im Pepita-Look zu Besuch im Rathaus

Die Rundschau St. Ingbert

Besuche von „Handwerkern auf der Walz“ sind im Rathaus nicht unüblich und meistens klopfen Zimmerergesellen an der Tür des Oberbürgermeisters an. Aber dass eine junge Frau in mit kariertem Pepitamuster an ihrer Weste und am Blazer das Rathaus besucht, ist eher ungewöhnlich. Regina Schreyer ist Bäckerin, den Gesellenbrief hat sie in der Tasche.

Drei Jahre und zwei Monate ist sie nun unterwegs, also länger, als sie eigentlich müsste. „Drei kurze Jahre und ein langer Tag“, das ist die Pflichtzeit, die Wandergesellen unterwegs sein müssen, ohne sich ihrem Heimatort in einem Bannkreis von 50 km zu nähern. Aber sie denkt noch nicht an eine Rückkehr in die fränkische Schweiz, wo ihre Familie wohnt. Sie lächelt keck und ihre Augen leuchten: „Die Pflicht habe ich hinter mir, nun kommt die Kür. Mindestens bis Ende des Jahres möchte ich noch unterwegs sein und nochmal die Orte besuchen, an denen es mir am besten gefallen hat.“ Eigentlich sei es überall schön, aber anders schön. Sehr viel hänge es von der Herzlichkeit der Menschen ab, ob man sich an einem fremden Ort wohlfühlt. Neugierig ist die 23-jährige Wandergesellin geblieben, sie möchte noch viel von der Welt sehen und von erfahrenen Bäckern mehr über ihr Handwerk lernen.

Heute würde man die „Tippelei“ wohl „Work and Travel“ nennen

„Heute würde man die uralte Tradition der Wandergesellen, die aus dem später Mittelalter stammt, wahrscheinlich ‚Work and Travel‘ nennen“, schmunzelt sie. Sie liebt die Freiheit, ungebunden zu sein, andere Länder und neue Menschen kennenzulernen. „Ganz oft übernachte ich in Kolping-Häusern, da sind Leute auf der Walz stets willkommen. Schließlich war Vater Kolping auch ein Wandergeselle.“

Bevor die junge Frau weiterzieht, packt sie ihr Wanderbuch aus einer der zahllosen Taschen ihrer Zunftweste aus. Das Siegel der Stadt St. Ingbert steht direkt unter dem der Stadt Saarbrücken, die sie in den letzten Tagen besucht hat. Das in Leder gebundene Buch verstaut sie anschließend wieder sorgfältig in einem Baumwolltuch und verknotet dieses doppelt. Nach ihrem Abschiedsspruch und einem „fix bedankt“ tippt sie mit ihrem Wanderstock aus gedrehtem Wurzelholz, auch Stenz genannt, dreimal auf den Boden und zieht wieder von dannen. Zum Abschied winkt sie noch einmal und wir wünschen ihr alles Gute und dass sie gesund zuhause ankommt.

Foto: Giusi Faragone  

Frederik Hartmann

Die Rundschau St. Ingbert